Diese Woche wurde im Europäischen Hansemuseum die Inszenierung “London um 1478” eröffnet. In diesem Raum der Dauerausstellung zeigen wir die Atmosphäre der Londoner Niederlassung der Hansekaufleute: den Stahlhof. Hier zeigen wir unter anderem, wie die Kaufleute und Städte der Hanse die Handelsbedingungen für alle Hansekaufleute festlegten. Besonders anschaulich wird dies am Beispiel des Tuchhandels.

Denn Textilien gehören zu den wichtigsten Handelsgütern in Nordeuropa. Weit über 200 verschiedene Tucharten sind aus dem hansischen (Massen-)Handel bekannt. Das englische Wolltuch ist zu dieser Zeit ein begehrtes Luxusgut, Tuchplomben mit Goldspuren zeugen vom hohen Wert der Ware. Über die Kaufleute der Hanse werden die Tuche in ganz Nordeuropa vertrieben. Vor allem die Kölner Hansekaufleute spezialisieren sich auf diesen Handel.

Der hansische Handel mit Stoff

Vor allem Wolltuche und Leinwand in den verschiedensten Qualitäten finden sich überall in den Handelsquellen. Luxustuche aus Brügge und Mechelen, schwere Wolltuche aus England, einfache Tuche aus den Hansestädten, Leinentuche aus Osnabrück.

Der hansische Handel konzentrierte sich auf vier große gemeinsame Niederlassungen der Hansekaufleute an wichtigen internationalen Märkten. In den beiden nordwesteuropäischen Niederlassungen Brügge und London kaufen die Hansekaufleute die in Flandern und England hergestellten Stoffe ein.

Die wichtigsten Absatzmärkte für die Tuche sind das heutige Baltikum und Russland. Neben diesem hansischen Tuchhandel in den Ostseeraum fand ein umfangreicher Handel mit englischem Wolltuch über Köln zu den Frankfurter Messen, nach Süddeutschland und weiter nach Mitteleuropa statt.

Um über die Niederlassungen sicher und erfolgreich Handel treiben zu können, erwirkten die Hansekaufleute bei den Herrschern Handelsprivilegien. Privilegien schaffen vor allem allgemeine rechtliche Rahmenbedingungen für den Handel aller Hansekaufleute und verringern die Kosten und Risiken der Handelsgeschäfte:

Der Handel mit englischen Tuchen und die Spaltung der Hanse

Privilegien erleichtern auch den Handel mit Stoffen aus England. Die Kaufleute der Hanse sind von der Exportsteuer auf englisches Tuch, die seit 1347 galt, befreit. Auch auf ihre Leinwandimporte – ein bedeutender Importartikel seit dem späten 14. Jahrhundert – zahlen sie weniger Abgaben. Damit sind sie im Tuchhandel gegenüber englischen und anderen ausländischen Kaufleuten deutlich im Vorteil.

Doch nicht alle sind mit diesen Bedingungen einverstanden: Die Engländer wollen mit ihrem Tuch schon lange im Ostseeraum Fuß fassen und beschweren sich bei ihrem König, dass sie im Ostseeraum gleichberechtigt mit den Hansekaufleuten Handel treiben wollen. Das würde aber viele Hansekaufleute dort benachteiligen.

1469 beschließt der Hansetag schließlich eine Blockade gegen England und damit gegen den Handel mit englischem Tuch, damit der hansische Handel im Ostseeraum nicht durch die englische Konkurrenz geschädigt wird.

Die Kölner entscheiden sich jedoch, die Blockade nicht zu unterstützen – und werden daraufhin aus der Hanse ausgeschlossen. Es kommt schließlich zu einem Friedensschluss, der für die Hanse von Vorteil ist. Danach mussten die Kölner für einige Jahre auf ihre hansischen Privilegien verzichten. Schließlich werden sie 1478 wieder in die Hanse aufgenommen und dürfen somit auch wieder in das Hansekontor in London einziehen.