Handel #02
Oder: Wofür ist die Hanse eigentlich gut?
Handelsgeschäfte mit Stoffen sind an der Tagesordnung in der Hansezeit – wenig Kaufleute handeln nicht damit. Dieser Handel überwindet weite Strecken und ist kein einfaches Unterfangen: Zwischen den Herstellungs-, den Einkaufs- und Verkaufsplätzen des hansischen Handels liegen bis zu 2.000 km Luftlinie, die zu Schiff und per Karren über Land überwunden werden. Neben den Haupteinkaufsplätzen in Brügge und London spielen auch andere Märkte in den Niederlanden eine Rolle. Einfache Leinenstoffe kommen vor allem aus dem niederländischen und norddeutschen Raum. Der hansische Handel versorgt die eigenen Städte, Skandinavien und den gesamten Ostseeraum mit qualitativ hochwertigem Stoff. Östlichster hansischer Absatzort ist Nowgorod im heutigen Russland.
Zwar ist der Textilhandel lukrativ, aber die lange Reise der Stoffe zu Wasser und zu Land ist auch mit vielen Kosten, Erschwernissen und Gefahren verbunden. Hier kommt die Hanse ins Spiel: Sie stellt gemeinsame Rahmenbedingungen und Strategien zur Problemlösung, vor allem für den Handel über weite Strecken. Die Hanse handelt selbst nicht mit Waren, sondern schafft die Spielregeln für einen möglichst erfolgreichen Handel der Hansekaufleute – auch für den Handel mit Stoff.
Die hansische Wirtschaftspolitik sorgt für vorteilhafte Handelsbedingungen. Sogenannte Privilegien – durch Fürstinnen und Fürsten ausgestellte Sonderrechte – bestimmen unter anderem niedrige oder zumindest feste Zollsätze. Das gilt etwa für englisches Wolltuch, auf dessen Export aus England die Hansekaufleute seit 1347 sogar weniger Zoll zahlen als die englischen Kaufleute.
Weitere Ziele hansischer Wirtschaftspolitik im Textilhandel sind die Sicherstellung der Warengüte und der Schutz vor Betrug: Die Qualität der gehandelten Stoffe soll gewährleistet und schnell zu identifizieren sein. Hunderte von verschiedenen Tuchsorten im hansischen Fernhandel sind nur dann eine verlässliche Handelsware, wenn sie strengen Produktionsvorgaben folgen und eindeutig zu erkennen sind. »Markentuche« werden nach Vorgaben des jeweiligen Stadtrats hinsichtlich Länge, Breite, Dichte oder sogar Farbe gewebt und gefertigt. 1401 lösen Mängel an »Markentuch« aus Flandern in Nowgorod Unzufriedenheit aus. Die russischen Händler:innen fordern deswegen eine neue, gebührenpflichtige Warenprüfung vor Ort, deren Kosten den Handelsgewinn geschmälert hätten. Die Hanse kann dies abwenden, indem sie von den Produzierenden fehlerfreie Produkte fordert – andernfalls will sie den eigenen Kaufleuten den Handel damit untersagen.
Die Kennzeichnung der Waren ist ein ständiges Streitthema. Gibt es hier Probleme, dienen die Kontore oder Versammlungen der Hanse als Beschwerdestelle und setzen sich mit Abgesandten der Produktionsorte auseinander. Ist eine Marke nicht zuverlässig oder eindeutig erkennbar, so versucht die Hanse, den Handel mit dem betreffenden Tuch zu beschränken. Für Nowgorod setzen hansische Bestimmungen sogar fest, welche Marken überhaupt zum Markt zugelassen sind.
Insgesamt bemüht die Hanse sich, alle am Handel beteiligten Parteien zu gemeinsamen Vorgaben zu verpflichten und deren Einhaltung so weit wie möglich zu kontrollieren. Zahlreiche hansische Verordnungen sind darauf ausgerichtet, »dass der Kaufmann nicht betrogen wird«, dass also ein reibungsloser Handel gewährleistet ist.
Privileg des Königs Eduard VI. (1547). Faksimile. Europäisches Hansemuseum. EHM00048.
Bestätigung der hansischen Privilegien durch Königs Eduard VI. von England im Jahre 1547. Die Prachturkunde enthält Abschriften aller Sonderrechte, die sich die Hansekaufleute über die Zeit hinweg in England haben zusichern lassen.
© Olaf Malzahn
Anonymous: Tuchhändler Seitz Lang (1434). Lavierte Federzeichnung auf Papier. Maße: 22,4 × 20,5 cm. In: Hausbuch der Mendelschen Zwölfbrüderstiftung, Band I (1426–1549). Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg. Amb. 317.2°, f. 55v.
Hier kommt die Hanse ins Spiel: Sie stellt gemeinsame Rahmenbedingungen und Strategien zur Problemlösung, vor allem für den Handel über weite Strecken. Die Hanse handelt selbst nicht mit Waren, sondern schafft die Spielregeln für einen möglichst erfolgreichen Handel der Hansekaufleute – auch für den Handel mit Stoff.
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