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Produktion #03

Textilien und
      Genderrollen

Wer spinnt denn hier?

Für die vielen Handgriffe in der Textilproduktion werden zur Hansezeit – und heute – viele Arbeiter:innen benötigt. Während wir heute textiles Arbeiten häufig als Freizeitbeschäftigung von Frauen wahrnehmen, waren an der Textilherstellung der Hansezeit Frauen wie Männer gleichermaßen beteiligt. Unterschiede soll es zwischen Stadt und Land sowie bei den verschiedenen Arbeitsschritten gegeben haben.

Bildquellen aus der Zeit der Hanse zeigen häufig Frauen mit Rocken und Spindel. Das Motiv lässt sich zurückführen auf den Bibelvers zum »Lob der tüchtigen Frau«, der erklärt, dass ihre Tugend darin bestehe, emsig Flachs und Wolle zu verspinnen, Tücher zu weben und so das Einkommen der Familie aufzubessern.

Zwar wünscht sich der Prediger Berthold von Regensburg zur Mitte des 13. Jahrhunderts »Frauen, die sollen daheimsitzen und spinnen«, doch waren Frauen in vielen Wirtschaftsbereichen aktiv. So lassen sich in Frankfurt rund 200 Berufe nachweisen, in denen Frauen tätig waren. Das Textilgewerbe nimmt unter ihnen eine herausragende Stellung ein, aber auch als Brauerinnen, Kerzengießerinnen oder als Orgelbauerinnen lassen sich Frauen nachweisen.

Um die Massen und Qualität an Stoff für den Bedarf der Hansezeit herzustellen, konnte jedoch vermutlich nicht nur ein Geschlecht mit der Aufgabe des Spinnens betraut werden. So gehen Historiker:innen heute davon aus, dass Männer und Frauen am Produktionsprozess von Textilien beteiligt waren: Mehr Hände bedeuten eine größere Produktionsmenge.

Auf dem Titelblatt von Bartholomäus Meltingers Erziehungsratgeber lehrt die Mutter ihrer jungen Tochter das Spinnen.

Ein im Mittelalter gebräuchliches Bildmotiv: Eva hält den Spinnrocken, Adam bebaut das Land.