Titelbild: © Netflix
In vielen Wohnzimmern flackert zur Zeit Wednesday Addams über die Bildschirme. Die Protagonistin der Netflix-Serie »Wednesday« fällt durch ihre düstere Stimmung und ebenso düstere Kleidung auf. Modeexpert:innen nennen die Serie, eine Ergänzung zur Addams Family der 1960er und 1990er Jahre, schon jetzt als Auslöser für einen erneuten Trend zu schwarzer Kleidung und Gothic-Chic.
Der Weg zur Modefarbe hat seinen Anfang jedoch schon viel früher, und auch die Hansekaufleute waren beteiligt an ihrer Verbreitung:
Bis Mitte des 14. Jahrhunderts ist es nur möglich, einen bläulichen oder bräunlichen Ton zu färben, der meist fleckig und stumpf war. Für die Farbstoffgewinnung werden zunächst Rinden, Wurzeln und Früchte abgekocht. Der Stoff wird gebeizt und mit dem Farbstoff aus den Pflanzen gefärbt. Daraus entstehen Braun- und Grüntöne, die mit der Wiederholung des Färbevorgangs dunkler werden. Einzig die Wolle von schwarzen Schafen ergibt einen natürlichen dunklen Stoff.
Diese Farben werden vorwiegend von den Bediensteten der Gerichte, in geistlichen Orden und Staatsdiensten getragen.
Bildnachweis: Färber, 1425, Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg, Amb. 317.2° Folio 37 verso
Auch durch mehrfaches Blaufärben kann ein fast schwarzer Ton, bzw. sehr dunkles Blau, erzielt werden. Theoretisch hätte eine Doppelfärbung mit roten und blauen Farbstoffen zu einem besseren Farbergebnis führen können – es gab jedoch in einigen Städten des 13. und 14. Jahrhunderts Einschränkungen für die Färber: Rotfärber dürfen neben Rot nur Gelb und Weiß färben; Blaufärber nur Blau, Grüntöne und Schwarz. Das Mischen von Blau und Rot ist also illegal.
Mit diesen Färbemitteln und durch die gesetzlichen Verbote ist es nicht möglich oder üblich, sich wie Wednesday komplett schwarz zu kleiden.
Das ändert sich zur Mitte des 14. Jahrhunderts. Schwarz wird bei Bankiers, Kaufleuten und Händlern eine beliebte Farbe. Historiker:innen vermuten, dass dies eine Folge der Luxusgesetze sein könnte: Schönste und teuerste Farben und Färbemittel werden durch die Ordnungen in vielen Städten dem Adel vorbehalten.
Schwarz ist von den Ordnungen ausgenommen, da es bis dahin als trist und wertlos gilt. Nun aber stacheln die Kaufleute die Färber an, ein brillantes Schwarz zu färben, um mit dem Adel mithalten zu können.
Bildnachweis: Matthäus Schwarz im Alter von 19 Jahren, ca. 1515 (via Wikimedia Commons)
Bestes Färbemittel dafür sind Galläpfel (aus dem Nahen Osten, Osteuropa und Nordafrika). Diese sind extrem teuer und müssen mit Eisensulfaten behandelt werden. Dennoch steigt der Handel mit Galläpfel zum Ende des 14. Jahrhunderts enorm. Ein endgültiger Durchbruch der »Modefarbe Schwarz« wird damit im ausgehenden Mittelalter einberufen. Ein besonders schönes Zeitdokument dazu ist die Sammlung von Portraits des wohlhabenden Augsburger Bankiers Matthäus Schwarz. Er lässt sich im Laufe seines Lebens (1497–1576) auf 137 Miniaturen abbilden. In 123 der Bilder trägt er Schwarz – sicherlich hätte er auch Gefallen am Modestil von Wednesday gefunden.
Heute können wir mit synthetischen Farbstoffen intensive Schwarztöne für Textilien herstellen. Dazu werden teilweise verschiedene Pigmente anderer Farben zusammengemischt. Diese sind häufig umweltschädlich, manche sogar gesundheitsgefährdend. Der Färbeprozess ist so giftig, dass die Firma Hessnatur schwarze Textilien in den 1980er Jahren temporär aus ihrem Sortiment ausschloss, man konnte die Umweltschäden nicht mit der Unternehmensphilosophie vereinbaren. Mittlerweile gibt es unbedenkliche Schwarzfarbstoffe. Die Lieferketten lassen sich jedoch leider nicht immer komplett verfolgen, daher sind beispielsweise GOTS- oder Öko-Tex-Standard-100 zertifizierte Kleidungsstücke empfehlenswert.
Wer mit dem Kauf von schwarzen Kleidungsstücken noch umweltschonender handeln möchte, tut es am besten Wednesday gleich und kauft gebrauchte Kleidung: Zum Schulball trägt diese ein schwarzes Secondhand-Kleid. Denn »das nachhaltigste Kleidungsstück ist immer das, was nicht neu hergestellt werden muss« (Viola Wohlgemuth, Greenpeace).
Literaturempfehlung
Pastoureau, Michel (2016): Schwarz. Geschichte einer Farbe. Darmstadt: Philipp von Zabern.
Digitale Ausstellung zu Matthäus Schwarz
Maximilianmuseum – Dressed for Success | Kunstsammlungen & Museen Augsburg