Das Mischen von Farbstoffen und das Vermischen von Farben wird im Mittelalter weitgehend abgelehnt und als unerwünscht betrachtet. Diese Ablehnung ist tief in der biblischen Struktur und Symbolik des Mittelalters verwurzelt. Gewerbe, die mit dem Mischen und Kombinieren zu tun haben, werden mit Misstrauen betrachtet und gelten als potenziell „dämonisch“.
Eine Unterteilung der Färber nach Farben oder Stoffarten ist nicht unüblich. In vielen Regionen wird beispielsweise im 13. Jahrhundert ein Unterschied zwischen Blau- und Rotfärbern gemacht. Rotfärber dürfen Rot, Gelb und Weiß, aber nicht Blau färben. Blaufärber dürfen nicht Rot färben, sondern Blau, Grüntöne und Schwarz. Während Wolle im 15. Jahrhundert beinahe in allen Farben produziert wird, lassen die technischen Möglichkeiten für Leinen nur ein Weißbleichen oder eine Blaufärbung zu. Gefärbt werden kann die Rohwolle, das Garn oder das ganze Tuch.
Grün
Im Mittelalter ist das Färben von Textilien in Grüntönen eine herausfordernde Aufgabe. Grüne Farben sind schwierig zu erzielen und häufig eher gräulich. Interessanterweise ist Grün vor dem späten Mittelalter eher unbeliebt, die genauen Gründe dafür sind nicht eindeutig bekannt. Die Verwendung von grünen Tüchern ist je nach geografischer Lage unterschiedlich ausgeprägt. Während in Frankreich Grün vor allem von Bauern und im häuslichen Bereich getragen wird, ist es in Deutschland im 15. und 16. Jahrhundert bei Bürgerlichen und Patriziern in Deutschland eine beliebte Farbe.
Eine mögliche Erklärung könnte in den strengen Regulierungen des Färberhandwerks liegen. Färber, die Blau und Gelb mischen, um Grün zu erzeugen, verletzen die Regeln und müssen mit Verurteilungen rechnen. Daher werden vermutlich Pflanzen wie Birkenblätter, Walnussschalen und weitere verwendet, mit denen sich nur ein stumpfes Grün erzielen lässt.

Trotzdem gewann Grün im 15. Jahrhundert an Popularität und wird nicht mehr nur vom Bauernstand getragen, sondern auch von Patriziern und wohlhabendem Bürgertum. Vermutlich setzten sich einige Färbereien über das Mischverbot hinweg und erzielten so intensive Grüntöne. Auch Seidenstoffe wurden in dieser Farbe gefärbt. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts kostete ein Stück florentinischer grüner Samt etwa so viel wie ein schwarzer oder rosa Samt, aber 35 % bis 40 % weniger als ein rot gefärbtes. Ein schönes Beispiel für solches Grün ist die Kindertunika aus Danzig, die ihr in unserer Ausstellung “Guter Stoff” noch bis Ende Oktober sehen könnt.
Blau
Das Färben von blauen Textilien wird als Küpenfärbung bezeichnet, da die Farbstoffe ohne Beizmittel in die Textilfasern eingeschlossen werden können. Die wichtigste Quelle für blaue Farben ist Färberwaid, das in weiten Teilen Europas angebaut werden kann. Es erfordert viele Arbeiterinnen und Arbeiter, um die Pflanzen von Hand zu ernten. Im 16. Jahrhundert wird der Färberwaid dann durch importiertes Indigo ersetzt.
Da die einheimische Produktion nicht immer ausreicht, die große Nachfrage zu befriedigen, spezialisieren sich einige Regionen auf seine Herstellung. Das ist der Fall in Thüringen und der Region zwischen Köln und Aachen, die die Waidmärkte in Frankreich, England, die skandinavischen Länder, Polen, Ungarn und Teile Italiens beliefern. Doch der Großteil des mittelalterlichen Waids stammt aus der französischen Region Languedoc in der Umgebung von Toulouse, von wo aus die französischen, iberischen und italienischen Märkte beliefert werden.
Die Firma von Diego Bernuy Orense aus Burgos (Spanien) war zwischen 1545 und 1555 der größte Waidhändler in Europa: 86 % seiner Farbstoffe kamen aus Toulouse und 14 % von den Azoren. Trotz der Ankunft von Indigo aus der Neuen Welt im 16. Jahrhundert blieben mehrere europäische Regionen dem Waid treu. In der Tat baut im 16, Jahrhundert nicht nur England seine Waidplantagen aus, sondern es werden auch die Kolonien für den Anbau genutzt. Letztere fanden ihre Märkte in England, Flandern und auf der Iberischen Halbinsel. Dieses Jahrhundert entspricht einer Periode, die als „Waidfieber“ bezeichnet wird.
Schwarz
Die Färbung von schwarzen Textilien ist im Mittelalter ebenfalls eine besondere Herausforderung. Bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts gibt es keine echte schwarze Farbe, sondern nur bläuliche, bräunliche und fleckige Töne. Um schwarze Farbtöne zu erzielen, werden dunkle Schafswolle mehrmals Blau gefärbt. Zusätzlich werden Beizen wie Tannin (ein pflanzlicher Gerbstoff) und Eisen verwendet.
Einen ausführlichen Bericht über Schwarzfärben findet ihr in diesem Blogbeitrag.